Belinda Kergel / Philipp Stark
Zertifizierte Qualität
Michael Heinrichs
Bio Zertifikate sind ein wichtiges Werkzeug um Transparenz und Überblick für den Verbraucher herzustellen. Komplexe Produktionsprozesse und sehr differenzierte örtliche Gegebenheiten, lassen sich dennoch nur sehr schwer verallgemeinert abbilden und werden vom Verbraucher dann auch nicht im Detail verstanden. Die Arbeit entwickelt eine maßgeschneiderte Bio Zertifizierung für die BTU Mensa. Die e.s.s. mensa - environmentally, social, sustainable und fokussiert auf Lebensmittel aus der Region, unterstützt soziale Unternehmen, fördert regionale Wertschöpfungsketten und kombiniert verschiedene Gütesiegel mit anspruchsvolleren Richtlinien.
Die Mensa als selbsorganisierter Kreislauf
Die Mensa BTU wurde als ein System betrachtet. Elemente, Verbindungen und grundlegenden Funktionen in der Mensa wurden identifiziert. Als Elemente werden Räumlichkeiten, Mitarbeiter und Besucher der Mensa BTU erfasst. Darunter zählen z.B. der große Eingangsbereich, der Mensasaal, die Köche sowie die Studierenden.
Zwischen den Besuchern und der Mensa, entstehen vielschichtige Verbindungen da die Besucher das Angebot der Mensa nutzen.
Eine weitere Verbindung besteht zwischen den Angestellten und den Gästen, da sie durch die Angestellten versorgt werden.
Die Mensa ist ein Ort der Verpflegung, des Aufenthalts und der Arbeit.
Es entsteht ein selbstorganisierter Kreislauf, der regelmässig mit dem täglichen Angebot von Speisen reproduziert wird. Es entstehen vielfältig weiterverzweigte Systeme zwischen Gästen und Gästen.
Das Foodsystem ist ein Kreislauf mit verschiedenen Ebenen: Von der Landwirtschaft, über den Vertrieb, zur Order, zum Transport, zu der Zubereitung, von dort zum Verzehr zum Endverbraucher und schliesslich zu Entsorgung und Wiedereinspeisung in den Kreislauf.
Auf jeder Ebene setzen verschiedene Akteure an, die miteinander ebenfalls stark vernetzt sind. Sie arbeiten auf einer höheren interdisziplinären Ebene zusammen und tragen gemeinsam zum großen Ganzen bei.
Analytische Ebenen zum Mensa-Kreislauf
Auf die Mensa BTU wirken viele Einflüsse aus verschiedenen Maßstabsebenen. Diese erstrecken sich konkret von der lokalen Ebene, über die regionale Ebene, nationale Ebene, europäische Ebene bis hin zur globalen Ebene.
Dabei entstehen Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land bzw. zwischen der Mensa BTU und der Umgebung. So finden z.B. Wissenstransfer oder auch Materialaustausch zwischen Stadt und Land statt, In- und Outputs wirken in beide Richtungen. So bezieht die Mensa z.B. Energie und Wasser von außen, während Abfall in die Umgebung abgegeben wird.
Weitere Aspekte des Foodsystems der Mensa sind auf der lokalen Ebene der Verkehr und die Infrastruktur, auf der regionalen Ebene z.B. der Gemüseanbau im Spreewald, auf der nationalen Ebene die Landwirtschaft und die Nutztierhaltung, auf europäischer Ebene z.B. Migrationsbewegungen und in der globalen Ebene Luft- und Seetransport, die global vernetzte Kommunikation, wie auch erneuerbare Energien.
Regionaler Metabolismus
Die Spreewaldregion bildet einen regionalen Metabolismus, einen Kreislauf der regionalen Wertschöpfung:
Die Landwirtschaft bezieht Wasser und Energie und produziert damit die Ernte, die in Fabriken für den Transport vorbereitet und schließlich in die Mensa BTU überstellt werden. In der Mensa erfolgt die Verabeitung zum Mensagericht, das dann an den Endverbraucher verkauft wird. Der Verkauf generiert Einnahmen, und Steuern, die wieder zurück in die Wirtschaft fliessen und Bauern in der regionalen Landwirtschaft finanzieren.
Es entsteht eine regionale Wertschöpfungskette, welche den Zusammenhalt der regionalen Akteure stärkt und kurze Lieferwege generiert, die Umweltbelastungen reduziert.
Regionale Wertschöpfungskette
Der Kreislauf der Spreewaldregion stellt eine Übersicht der regionalen Betriebe dar, welche derzeit dort tätig sind sowie die in der Spreewaldregion angebauten Gemüsesorten, die Gemüseanbaubetriebe, die regionalen Gemüsehändler, Lebensmittelkontrollfirmen und die Bio-Verbände, denen die Bauern angehören.
Die Gemüseanbaubetriebe liefern Gemüse in die Mensa. Die Endverarbeitung erfolgt unter anderem unter der Eigenmarke "Mensa Vital". Die Endverbraucher sind schließlich alle Personen, die die Mensa besuchen. Die Alba Group übernimt den Abfall zur Wiederverwertung und transportiert ihn in die Recyclinghöfe der Stadtregion.
Gemüse- und Lebensmittelanbau in der Spreewaldregion und Brandenburg
Gemüseanbaubetriebe in der Region Spreewald: Knösels Gemüse, Gemüsehof Baronick und Gemüsering Spreewald. Die Ernte erfolgt zwischen April und Mitte November, während die Hauptsaison zum Anbau der Gemüsesorten zwischen Mai und August liegt. Schälgurken und Möhren werden bis Oktober und Mitte November geerntet.
Obstsorten aus frischem regionalem Anbau in Brandenburg sind zwischen Juni und September verfügbar. In der Nutztierhaltung in Brandenburg überwiegt die Rinder- und Milchviehanlage und die Schweinezucht. Die größte Ackerflächennutzungen sind Roggen-, Weizen-, Raps- und Maisanbau.

Abb. 7

Abb. 6
Richtlinienvergleich der EU Öko-Siegel
Im Vergleich stehen die fünf verlässlichsten EU Öko-Siegel. Die Richtlinien für den Siegel der EG-Öko Verordnung haben klar die geringsten Ansprüche. So ist beispielsweise die Fütterung der Tiere mit konservierter Nahrung zugelassen, wie auch die Düngung der Pflanzen mit Blut-, Tier- und Knochenmehl und synthetischen Insektiziden, was dieses Siegel für Veganes Essen unzulässig macht. Mit 53 zugelassen Zusatzmitteln hat es im Vergleich zu den anderen Öko-Siegeln eine sehr grosse Toleranz. Die höchsten Ansprüche hat der Gütesiegel Demeter, der am striktesten reguliert.
Folglich ist "Bio" nicht gleich "Bio", es bedarf einer näheren Betrachtung.

Abb. 8
IDEE: EINE MASSGESCHNEIDERTE BIO ZERTIFIZIERUNG FÜR DIE BTU MENSA
Aktuell bietet die Mensa BTU ein ernährungsbewusstes Gericht durch die Eigenmarke "Mensa Vital" an. Dies ist eine Marke der Studentenwerke, welches bundesweit Gerichte zubereitet, die vitaminschonend und fettarm sind. Sie bevorzugen dabei Produkte aus der Region, wie auch den Einkauf von Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung. Das Gütesiegel, auf das die Mensa Vital Gerichte aufbauen, ist die EG Öko-Verordnung, also das Sigel mit den niedrigsten Ansprüchen.
Das Projekt schlägt die "e.s.s. mensa" als neue Zertifizierung vor, die sich sowohl regional orientiert als auch sozial engagiert und höhere Ansprüche auf die Verarbeitung der Lebensmittel stellt. Abgeleitet von dem Begriff „essen“ steht "e.s.s. mensa" für „environmentally, social, sustainable“.
Bei dem Einkauf der Lebensmittel wird darauf fokussiert, dass die Transportwege nicht mehr als 100 km betragen, dass Tiere nicht mit verarbeitetem Futter ernährt werden und dass bei den Pflanzen kein tierischer oder synthetischer Dünger eingesetzt wird.
Produkte sollen aus klein- und mittelständischen Unternehmen - möglichst aus der Region - geordert werden, die keine Ausbeutung von ausländischen Arbeitskräften ausüben. Es wird Wert auf eine ökologische Landbewirtschaftungsform gelegt, um den Anbau der Lebensmittel so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten.
"e.s.s. mensa" greift auf verschiedene hochwertige Gütesiegel zurück, die den Kriterien der Marke entsprechen. Dazu zählen z.B. Demeter oder Bioland.

Abb. 9
Das Beispielmenü: „e.s.s. mensa“

Abb. 10
Ein „e.s.s. mensa“ Menü entspricht ökologischen, sozialen und nachhaltigen Kriterien verschiedener Gütesiegel.
Stammt z.B. das Schweinefleisch vom Gütesiegel Demeter, dann weiss der Endverbraucher, dass das Schwein zu seinen Lebzeiten eine gute Hygiene und Pflege erfahren hat und mit keinen konservierten oder verarbeiteten Nahrungsmitteln gefüttert wurde.
Demeter Nudeln kommen von Getreideerzeugnissen einer ökologischen Bewirtschaftungsform, beim Verzehr der Speise ist klar, dass die Anbau- und Verarbeitungsschritte keine stark umweltbelastenden Auswirkungen hatten.
Wird Gemüse mit dem Gütesiegel Bioland verarbeitet, wurden keine tierischen oder synthetischen Düngemittel verwendet und ist vegan.
Soßen mit dem Gütesiegel Bioland bestehen nur aus Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs.
Durch dieses Konzept kann sich der Endverbraucher sicher sein, dass die Lebensmittel des Gerichtes vollständig ökologischen und nachhaltigen Ursprungs sind und gleichzeitig bei der Verarbeitung und Order der Produkte keine unethischen Unternehmen gefördert worden sind.
Auch sind die Lebensmittel aus einem Umkreis von maximal 100 km bezogen worden, dem Endverbraucher ist es problemlos möglich den Ursprung und Verarbeitungsprozess eigenständig zu recherchieren.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 6
Knösels Gemüseerzeugungs GmbH & Co. KG, In: Unsere Produkte
URL: https://www.knoesels.eu/ (z.a.a. 17.07.2020)
Abb. 7
Struktur der Ackerflächenlandnutzung in Brandenburg, In: LBV Brandenburg e.V.
URL: https://www.lbv-brandenburg.de/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=82&Itemid=115 (z.a.a. 16.07.2020)
Saisonkalender für Obst, In: Landpartie Brandenburg Entdeckungsreisen durch die ländliche Partie Brandenburgs
URL: https://www.brandenburger-landpartie.de/kulinarik-uebersicht/obst-und-gemuesekalender/303-2/(z.a.a. 16.07.2020)
Mast- und Zuchtbetriebe in Brandenburg, In: GoogleMaps
URL: https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1zezEYzm3ABP0FwiYH5NO0TtOBCw&hl=de&ll=51.96102801958404%2C13.680289287012156&z=9(z.a.a. 16.07.2020)
Abb. 8
Meike Riebe, Ist Bio wirklich Bio?, In: ecowoman the green side of life
URL: https://www.ecowoman.de/ernaehrung/essen/bio-siegel-uebersicht-diesen-bio-siegeln-kannst-du-trauen-biokreis-bioland-5708 (z.a.a.18.07.2020)
Abb. 9
Darstellung, basierend auf Deutsches Studentenwerk e.V., Nachhaltige Einkaufsrichtlinien, In: Mensa Vital eine Marke der Studentenwerke
URL: https://www.mensavital.de/mensavital/mensavital-standards/einkaufsrichtlinien (z.a.a 17.07.2020)
Abb. 10
Bioland Richtlinien 25. November 2019: Seite 9, In: Pflanzenanbau
https://www.bioland.de/fileadmin/user_upload/Verband/Dokumente/Richtlinien_fuer_Erzeuger_und_Hersteller/Bioland_Richtlinien_25_Nov_2019.pdf(z.a.a. 17.07.2020)
Bioland Richtlinien für die Verarbeitung – Gemüse und Obst 22.11.2016: Seite 5-6,
In: Verarbeitungshilfsstoffe, Schädlingsbekämpfung
URL: https://www.bioland.de/fileadmin/user_upload/Verband/Dokumente/Richtlinien_fuer_Erzeuger_und_Hersteller/2016-11-22_Gemuese_und_Obst-1.pdf (z.a.a. 17.07.2020)
Demeter Richtlinien 2020: Seite 53-54, 59, 116-117
In: Tierhaltung und Fütterung, Getreideerzeugnisse
URL: https://www.demeter.de/sites/default/files/richtlinien/richtlinien_gesamt.pdf (z.a.a. 17.07.2020)